06.04.2018
Widerstandslose Haltung
Seit längerer Zeit beschäftigt mich dieser Ausdruck eines Klinikseelsorgers der Unfallklinik Murnau. Er betreute dort viele schwerstverletzte und gelähmte Patienten. Er beschrieb die Haltung und Einstellung, die viele seiner Patienten zu ihrem ganz persönlichen schweren Leiden entwickelt haben. Seine Schilderungen deckten sich mit den Erfahrungen, die ich mit Trauernden gemacht habe, die sich von ihrem geliebten Menschen verabschieden mussten.
Akzeptanz bedeutet, die Geschehnisse irgendwann ohne Wenn und Aber hinzunehmen. Jedes Auflehnen gegen das Geschehene ist Energieverlust, und lenkt vom Weg ab. Jon Kabat Zinn nennt es „Die volle Katastrophe leben“. Sobald es möglich ist, sich der Katastrophe, der Ohnmacht hinzugeben, das Schicksal anzunehmen, ist Besinnung auf das eigene Sein möglich.
Wertung und Bewertung von außen wird unwichtig, es wird möglich, sich auf das Hier und Jetzt im eigenen Innen zu besinnen. Dieser eigene innere Raum schafft Freiräume und damit innere Freiheit. Die innere Achtsamkeit schafft Distanz zu einzelnen Gefühlszuständen, das heißt, nicht die Trauer hat mich, sondern ich habe (auch) Trauer. Dies bedeutet die Spirale des Gefühlschaos zu beenden und Selbststeuerung zu gewinnen.
Widerstände gegen eigene Empfindungen und Zustände sind weniger gefragt als das liebevolle Annehmen aller Gefühle, mit dem Wissen: „Ja, dies gehört auch dazu, und dieser Zustand ist einer von vielen“. Genau wie gute Zeiten vorbei gehen, gehen schlechte auch vorbei. Je besser wir uns selbst zuhören können, desto weniger dramatische Auswirkungen gibt es und umso besser können wir Lösungen oder Linderung finden.
Dazu braucht es Haltung. Also das Bewusstsein und die Stärke, sich selbst vertrauen und mit allem anschauen zu können.
Mein Bild dazu ist ein Grashalm: er biegt sich bei Sturm aber er bricht nicht. Er kann sich den Naturgewalten beugen, ohne seine innere Struktur und seinen Halt zu verlieren. Er hat Fasern, die flexibel sind und ihm nahezu widerstandlose Haltung ermöglichen. Nach dem Sturm kann er sich aufrichten und sein Da-sein weiterleben.
Ich wünsche uns allen den Mut und die Kraft den Weg der inneren Akzeptanz gehen zu können, um letztendlich Frieden und Verbundenheit zu finden.